Fruchtbarkeit und Kinderwunsch

Der Begriff der Fruchtbarkeit bezieht sich auf die in einer bestimmten Zeitspanne gezeugten Nachkommen einer Bevölkerung. Schwangerschaften, die gewollt oder ungewollt mit einem Abortgeschehen sowie mit einer Fehl- oder Totgeburt enden, fallen nicht darunter („effektive Fruchtbarkeit“, epidemiologisch).

Es mag gering erscheinen, dass die mittlere monatliche Wahrscheinlichkeit eine erfolgreiche Schwangerschaft auf natürlichem Weg zu erzielen selbst bei jungen und nachweislich fruchtbaren Paaren unter 25 Jahren - bezogen auf den ersten Versuch schwanger zu werden – ca. 33% und im Durchschnitt aller Versuche 20-25% beträgt. Das hat wesentlich damit zu tun, dass pro Monat meist nur ein Eibläschen heranwächst und eine Eizelle zur Reifung kommt.

Die natürliche Fruchtbarkeit der Frau ist bis zum 30. Lebensjahr gut, danach nimmt sie kontinuierlich ab. Ab dem 35. Lebensjahr fällt die weibliche Fruchtbarkeit deutlich ab und ist nach dem 40. Lebensjahr nur gering. Der Grund ist in erster Linie die mit den Jahren zunehmende Fehlverteilung von Chromosomen in Ei- und Samenzellen (Aneuploidie). Das führt dazu, dass die Raten der regulär befruchteten Eizellen sowie der sich einnistenden Embryonen sinken und auch das Risiko für Aborte und Fehlgeburten steigt. Das trifft gleichermaßen für jede Kinderwunschbehandlung zu.

Das durchschnittliche Alter der verheirateten Mütter in der deutschen Bevölkerung beträgt bei Geburt des ersten Kindes 30 Jahre und bei Geburt des zweiten Kindes 32 Jahre. Das durchschnittliche Alter der nicht verheirateten Mütter beträgt bei Geburt des ersten Kindes 28 Jahre (Statistisches Bundesamt).

Bei unerfülltem Kinderwunsch beträgt das mittlere Alter der Frauen, die sich in einer Behandlung befinden, 36 Jahre und das der Männer 39 Jahre (Deutsches IVF-Register, Jahrbuch). Aus rein biologischer Sicht ist somit von einem „spätem reproduktiven Alter“ zu sprechen. Zur Besorgnis nehmen diese Zeitpunkte weiter zu.

Die Dauer des Kinderwunsches ist, ebenso wie das reproduktive Alter der Paare, ein bedeutender Einflussfaktor auf die Fruchtbarkeit. Die Gründe für eine längere Kinderwunschdauer können beide Partner betreffen und vielfältig sein. Die fachärztliche Diagnostik findet die medizinischen Ursachen meist schnell. In manchen Fällen bleiben Ursachen aber verborgen. Auf der Basis der mittleren Erfolgswahrscheinlichkeit von 20-25% bei jungen Paaren, hat diese bei mehrjährigem Kinderwunsch bereits um das 4 bis 5fache abgenommen. Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit dann nur mehr ~5% pro Monat beträgt. Demnach kann man mit Gewissheit annehmen, dass schon nach 2 Jahren erfolglosen Bemühens eine ernsthafte Störung der Fruchtbarkeit vorliegen muss.

Vorsorge: sowohl Frauen als auch Männer sollten ihre reproduktive Gesundheit untersuchen lassen. Leichte Störungen der Fruchtbarkeit können schon fachärztlich - ohne Reproduktionsmedizin - überwunden werden. Je länger man erfolglos versucht ungewollte Kinderlosigkeit selbst zu überwinden, desto geringer sind die Chancen.